Wir lieben schöne Bücher

Magdeburger Pirckheimer

Bücher dank Ebbe und Flut

Die Künstlerbücher von Tanja Leonhardt

Sichtlich beeindruckt verließen die 15 Buchliebhaber am 21. Februar gegen 21 Uhr das Literaturhaus Magdeburg. Gesorgt hatte dafür die Künstlerin Tanja Leonhardt. Sie war mit dem Auto nach Magdeburg angereist, den Kofferraum gefüllt mit einer erlesenen Auswahl ihrer Künstlerbücher, die sie zur Begrüßung der Gäste im Literaturhaus bereitgelegt hatte. Dieser Anblick verhieß den meisten der eintretenden Gäste überraschende Erfahrungen sowohl was die Formate, als auch die Materialien und Inhalte anging.

Bis die Kunstwerke in die Hand genommen wurden, gab Tanja Leonhardt einen kurzen aber vielseitigen Einblick in ihr Schaffen. Unter anderem konnten die Gäste anhand eines Videos nachvollziehen, wie das Buch „Orkney-Leinen“ entstand. Hier die nüchternen buchtechnischen Daten: Eines von drei Büchern mit Einband aus Orkney-Leinen, Hardcover, Breite: 300 mm, Höhe: 400 mm,Decke: Rohleinen …, 16 Seiten Silberburg Tiefdruckbütten (240 g) mit Büttenrand, Papier naturgefärbt, Handschrift.

Tanja Leonhardt mit einem der drei Exemplare des Buches aus Orkney-Leinen. Foto: R. Wege

Den Eindruck, den das Werk bei den Gästen hinterlassen hat lässt sich daran erahnen, dass es das Werk war, das am häufigsten in die Hand genommen wurde, und, am Ende in Magdeburg ein neues Zuhause gefunden hat.

Nicht zuletzt war es seine Entstehungsgeschichte, die das Buch so interessant macht. Hier einige Zeilen von Tanja Leonhardt dazu: „Im Jahr 2016 schenkten mir meine Freunde auf der Orkneyinsel Shapinsay ein Stück festes Leinen, das zu einer Erntemaschine des 19./20. Jahrhunderts gehörte. Ich entfernte die Holzleisten und Nägel, wickelte am Strand gefundene Eisenteile hinein und befestigte das Bündel unter dem Steg der Insel. Dort war es ein Jahr lang den Gezeiten ausgesetzt, bei Ebbe sichtbar, bei Flut unter Wasser. Im darauf folgenden Jahr kehrte ich zurück und wickelte das Bündel aus. Das Leinen war brüchig und stark von Bakterien zerfressen. Vorsichtig säuberte und trocknete ich es – und vergaß es im Schrank, bis ich in 2020 die Ökodruck-Serie herstellt. Das brüchige Leinen wurde auf den kaschierten Karton aufgeleimt und dadurch wieder haltbar gemacht. Dabei sind die Spuren seiner Geschichte deutlich vernehmbar. Im handgeschriebenen lyrischen Text geht es um diese Geschichte.“ Hier ein Beispiel: „… Ich höre das Meer rauschen. Ich sehe Ebbe und Flut steigen und fallen, steigen und fallen, sehe das Bündel um den Stegpfosten gewickelt. Alle zwölf Stunden sieht das Wasser nach ihm, tastet in seine Falten, sickert durch jede Lage bis in die Geschichten, die der goldene Staub erzählt, und zieht sich wieder zurück, seufzend und glucksend, brüllend und peitschend …“

Zwei weitere Beispiele sollen an dieser Stelle wenigstens noch einen kleinen Blick in die Vielfalt der Arbeiten von Tanja Leonhardt ermöglichen. Da ist das Buch „zusammen“, das Tanja Leonhardt (Konzeption, Schrift, Text, Bindung) gemeinsam mit Martin Dürk (Zeichnungen, Mischtechniken) geschaffen hat. Es besticht (nicht nur) mit einer ausgeklügelten Art der Faltung, die allein durch die Abfolge des Aufschlagens der Text- und Bildseiten durch die Geschichte führt – sehr zur Erbauung der Gäste des Abends.

Ein Blick in das Buch „zusammen“ Foto: R. Wege

 Dass man Bücher durch Kochen erschafft, war für die meisten Buchfreunde an diesem Abend eine neue Erkenntnis. Tanja Leonhardt nennt sie „Schmutzige“ Kesselbücher oder Ökoprints aus dem Kupferkessel. Sie zeichnen sich, nicht zuletzt durch das Agieren des Zufalls bei der Entstehung, durch eine eigene „Wildheit“ und Kraft aus, wie es Tanja Leonhardt nennt.

Buchliebhaber im Gespräch mit der Künstlerin. Foto: R. Wege

Künstlerbücher von Tanja Leonhardt

Öffentlicher Vortrag im Literaturhaus Magdeburg, 21. Februar, 19 Uhr

Künstlerbücher sind eine Facette der künstlerischen Schaffens von Tanja Leonhardt. Diese wird die Künstlerin am Mittwoch, 21. Februar, ab 19 Uhr im Literaturhaus Magdeburg vorstellen. 

Tanja Leonhardt wird begleitend zu ihrem Vortrag einige Exemplare ihrer Werke mitbringen, damit sich die Gäste ein direktes Bild davon machen können.

Tanja Leonhardt hat ein Studium der Freien Bildenden Kunst an der Johannes Gutenberg Universität Mainz im Hauptfach Schriftkunst (Kalligraphie und Typographie) absolviert und 1991 mit Diplom abgeschlossen. Daran schloss sie einen einjährigen Meisterschülerstudiengang an.

Seitdem ist sie als freischaffende Kalligrafin im Atelier Leonhardt, aber auch als Dozentin für Kalligrafie am Gutenberg-Institut für Weltliteratur und schriftorientierte Medien der Uni Mainz, Abteilung Buchwissenschaft, tätig. Ihre Werke sind unter anderem im Besitz des Klingspor-Museums Offenbach, der Stadt Frankfurt am Main oder des Museums für angewandte Kunst in Frankfurt am Main.

„zusammen“ – ein Künstlerbuch von Tanja Leonhardt (Konzept, Schrift, Text, Bindung) und Martin Dürk (Zeichnungen, Mischtechniken) | © Tanja Leonhardt

Vorträge, Vernissage und Gäste aus ganz Deutschland

Programmübersicht 2024

Mittwoch 21. Februar
Künstlerbücher vom Atelier Leonhardt
Öffentlicher Vortrag von Tanja Leonhardt, Schotten
Literaturhaus Magdeburg

Mittwoch, 17. April
Verlagswesen 18. und 19. Jahrhundert
Öffentlicher Vortrag von Agnes Kunze, Stendal
Literaturhaus Magdeburg

Freitag, 7. Juni
Leben und Schaffen von Alexandre Dumas
Öffentlicher Vortrag von Robert Grieger, Berlin
Literaturhaus Magdeburg

Juli/August      Sommerpause

Freitag/Samstag, 13./14. September
Treffen mit der Pirckheimer Gesellschaft und Ausstellungseröffnung
 „Edition Augenweide – 30 Jahre Künstlerbuch Almanach COMON SENSE“ mit den Gründern und Herausgebern der Edition Ulrich Tarlatt und Jörg Kowalski
Der Veranstaltungsort wird mit gesonderter Einladung rechtzeitig bekannt gegeben.

Mittwoch, 27. November
Jahreshauptversammlung (vereinsintern)
mit anschließenden öffentlichen Sammlergesprächen „Aus eigenen Sachen“ 
Literaturhaus Magdeburg

Änderungen aus organisatorischen Gründen vorbehalten.

Ein Meister des Holzschnitts in Magdeburg

Vernissage „Klaus Süß – Druckstock, Abdruck, Künstlerbücher“ im Literaturhaus

Wer knapp vor Beginn der Vernissage noch ins Literaturhaus gehuscht kam, der trat in einen bereits bis auf den letzten Stuhl besetzten Raum. Das war aber kein Grund, wieder zu gehen. Dafür waren bei allen die Neugierde zu stark und die Erwartungen an das zu Entdeckende zu hoch. Rund 50 Objekte von Klaus Süß hatten die Magdeburger Pirckheimer gemeinsam mit dem Künstler für die Ausstellung in Magdeburg ausgewählt. Darunter eine Auswahl farbig gestalteter Druckstöcke mit dazugehörigen Drucken sowie Vorzeichnungen, einzelne bemalte Druckstöcke, einzelne Druckblätter sowie komplette Grafikmappen. Dazu sind in Vitrinen Künstlerbücher aus dem umfangreichen Werk von Klaus Süß ausgestellt. Extra zur Ausstellung in Magdeburg hat Klaus Süß die Vorzugsgrafik “Frau“ in 13 Exemplaren aufgelegt und den dazugehörigen Druckstock ins Literaturhaus mitgebracht.

Vereinsvorsitzende Sigrid Wege begrüßt die Gäste. | © R. Wege

Nach der Begrüßung durch Vereinsvorsitzende Sigrid Wege und den musikalischen Auftakt am Saxophon durch Frank Schöpke führte der Schriftsteller, Buchgestalter und Ausstellungsmacher Dr. Jens-Fietje Dwars aus Jena die Gäste in die Ausstellung ein. Dwars ließ den Werdegang des Chemnitzer Künstlers Revue passieren, beginnend mit Linolschnitten, über die Unikatbücher, Grafikmappen und Pressendrucke sowie gestalteten Druckstöcke bis zu dem Feld, „auf dem er zum Meister gereift“ ist, dem Holzschnitt. Dwars: „Von Anbeginn ringt Süß um die zeichenhafte Erweiterung und Vertiefung des Erfahrenen, nie um Tagespolitik. Im Spiegel neuer und alter Mythen sucht er nach Bildern für den Kampf der Geschlechter, für den Hass, in den unerfüllte Liebe umzuschlagen vermag, die Gewalt, die allem Begehren innewohnt, die Ohnmacht der Macht, das Abgründige in uns. Auch in den Bildern, die Sie in dieser Ausstellung sehen.“

Eine Besucherin blättert in dem Buch „Carmen“, über das Dr. Jens-Fietje Dwars auch in seiner Laudatio sprach. Im unteren Bild sind einige der Carmen-Grafiken zu sehen, die Klaus Süß im Handabzug gedruckt hat. | © R. Wege

Klaus Süß wurde 1951 im erzgebirgischen Crottendorf geboren. Er lebt seit langem in Chemnitz. Seit 1986 arbeitet er als freischaffender Künstler. Zuvor war er einige Jahre an der bekannten Produzentengalerie „Clara Mosch“ in Chemnitz tätig. Er beschäftigt sich zunächst vor allem mit dem Linolschnitt und ab 1992 verstärkt mit dem Holzschnitt. Klaus Süß arbeitet beim Holzschnitt in der Technik der „verlorenen Form“, wodurch keine späteren Nachdrucke mehr möglich sind.

Typisch für viele seiner Arbeiten sind kraftvolle Farben mit expressionistischen Menschenfiguren (angeregt von Brücke-Mitgliedern wie Karl Schmidt-Rottluff und Ernst Ludwig Kirchner).

Die bemalten Druckstöcke werden zu Kunstobjekten, die Klaus Süß auch in die Gestaltung von Künstlerbüchern einbezieht oder Grafikmappen beilegt. Sie sind sowohl als alleinstehende Kunstobjekte, in Rahmen gefasst oder als freistehende Skulpturen, bei Sammlern sehr begehrt.  

Viele Gäste nutzten die Chance, mit dem Künstler ins Gespräch zu kommen. | © R. Wege

Ein weiteres Tätigkeitsfeld von Klaus Süß sind Künstlerbücher. In der Regel in kleinen, oft einstelligen Auflagen oder als Unikatbücher hergestellt. In der Ausstellung gezeigt werden unter anderem die Werke „Kholumodumo“ (Märchen aus dem südöstlichen Afrika, 17 Holzschnitte, 45×35 Zentimeter), „Der Teufel mit den drei goldenen Haaren“ oder „UKIYO-E“ (nach einem japanischen Text des 18. Jahrhunderts, in 26 Original-Bild- und Schriftholzschnitten). Zu sehen ist ebenfalls sein wohl erfolgreichstes Buch, „Blaubart“, das Klaus Süß 2009 für den Leipziger Bibliophilen-Abend geschaffen hat und das von der Stiftung Buchkunst im Wettbewerb „Die schönsten deutschen Bücher“ ausgezeichnet wurde. Dieses Kleinod wird zusammen mit der Blaubart-Grafikmappe gezeigt, die acht Farbholzschnitte im Mappenformat von 54 x 43,5 Zentimeter umfasst, erschienen in fünf Exemplaren.

Alle gezeigten Grafikblätter sind von Klaus Süß von Hand gedruckt. Auch wenn kräftige Farben in vielen seiner Werke dominieren, wirken seine Schwarz-Weiß-Arbeiten ebenso beeindruckend, wie zum Beispiel die Weißlinienschnitte in seinem 46 x 41 Zentimeter großen Künstlerbuch „Die Leichtigkeit der Etrusker“, das ebenfalls in der Ausstellung zu sehen ist. 

Die Vielfalt des künstlerischen Schaffens erstreckt sich bei Klaus Süß auch auf die Gestaltung von Keramik und anderen Objekten. In der Ausstellung ist stellvertretend eine Bronzearbeit zu sehen, die dem Künstlerbuch „Chief Seattle“ beigegeben ist. Der Text entstammt der Rede, die Chief Seattle 1855 an den Präsidenten der Vereinigten Staaten richtete. Es besticht durch eine einzigartige Verschränkung von Bild und Text. Jedem Holzschnitt geht eine Textseite voraus, die einen visuellen Bezug zum darunter (teilweise) sichtbaren Holzschnitt herstellt: Entweder ist der Text typografisch geformt wie eines der Bildelemente und auf transparentem Papier gedruckt, teils sind Ausstanzungen im Papier, die schon bestimmte Teile des darunter liegenden Holzschnitts sichtbar machen.

Frank Schöpke begleitete die Vernissage musikalisch. | © R. Wege

Die Ausstellung ist noch bis zum 2. Februar 2024 im Literaturhaus Magdeburg zu sehen. Geöffnet ist Montag bis Freitag von 10 bis 12 und 14 bis 16 Uhr, sowie nach Voranmeldung und zu den Veranstaltungen.

Vernissage: Druckstock, Abdruck, Künstlerbücher

Werke von Klaus Süß im Literaturhaus Magdeburg / Vernissage am 18. November 2023

Im Literaturhaus Magdeburg öffnet am kommenden Sonnabend, 18. November, die Ausstellung „Klaus Süß – Druckstock, Abdruck, Künstlerbücher“. Beginn ist im 16 Uhr. Der Künstler wird anwesend sein. Zur Eröffnung spricht Dr. Jens-Fietje Dwars, Süß-Kenner aus Jena. Es musiziert Frank Schöpke. Der Eintritt ist frei.

Gezeigt werden im Literaturhaus rund 50 Objekte. Darunter eine Auswahl farbig gestalteter Druckstöcke mit dazugehörigen Drucken sowie Vorzeichnungen, einzelne bemalte Druckstöcke, einzelne Druckblätter sowie komplette Grafikmappen. Dazu sind in vier Vitrinen Künstlerbücher aus dem umfangreichen Werk von Klaus Süß ausgestellt.

Klaus Süß wurde 1951 im erzgebirgischen Crottendorf geboren. Er lebt seit langem in Chemnitz. Seit 1986 arbeitet er als freischaffender Künstler. Zuvor war er einige Jahre an der bekannten Produzentengalerie „Clara Mosch“ in Chemnitz tätig. Er beschäftigt sich zunächst vor allem mit dem Linolschnitt, später verstärkt mit dem Holzschnitt. Klaus Süß arbeitet beim Holzschnitt in der Technik der „verlorenen Form“, wodurch keine späteren Nachdrucke mehr möglich sind. Ein weiterer Schwerpunkt seines Schaffens sind Künstlerbücher und Unikatbücher.

Blick in eine der Vitrinen mit Künstlerbüchern

50 Jahre Buchhändlerin

Magdeburger Pirckheimer gratulieren Annerose Busse zum Jubiläum

Antiquarin und Buchhändlerin trifft Sammler von Buch und Grafik. Harmonischer kann eine Konstellation kaum sein. Seit 50 Jahren ist Annerose Busse als Buchhändlerin tätig, seit 40 Jahren mit der Antiquariatsbranche vertraut. 2005 übernahm sie das renommierte und nicht nur zu DDR-Zeiten überregional bekannte Antiquariat in Magdeburg.  Ein folgerichtiger Schritt, hatte sie doch dort 1985 ihre Ausbildung zur Antiquarin erfolgreich abgeschlossen. Seitdem ist sie vielen Pirckheimern als die Anlaufstelle in der Landeshauptstadt vertraut, wenn sie sich auf die Suche nach ausgewählten Büchern und schöner Grafik begeben haben. Jetzt feierte Annerose Busse das Jubiläum 50 Jahre Buchhändlerin. Das war für die Magdeburger Pirckheimer Anlass, ihr einen Extra-Besuch mit Blumenstrauß abzustatten und von ganzem Sammlerherzen zu gratulieren. Im Namen des Vereins wünschte Vorsitzende Sigrid Wege und der Stellvertretende Vorsitzende Bernhard Poprawa der Jubilarin für die Zukunft alles Gute. Bei dem Besuch bekamen die Pirckheimer gleich einen Einblick in die jüngsten Neuerwerbungen von Annerose Busse. Ansporn, demnächst wieder in ihrem Geschäft vorbeizuschauen. 

„Plakate aus der DDR“ sorgten für gute Laune

Sehr zufrieden wirkten die Zuhörer des Vortrages „Plakate aus der DDR“, als sie am Nachmittag des 8. Juli das Literaturhaus Magdeburg verließen. Zwei Stunden zuvor hatten sie voller Erwartungen das Gebäude betreten. Die gute Laune lag zum einen am Thema „Plakate aus der DDR. Das war für die meist älteren Semester eine kleine Reise in die eigene Vergangenheit, insbesondere die Vergangenheit als Sammler von Buch und Grafik sowie Plakaten. Zum anderen war der abwechslungsreiche und mit Leidenschaft für die Sache gehaltene Vortrag von Dr. Sylke Wunderlich für die gute Laune verantwortlich. Als Gründerin und Treuhänderin der Stiftung Plakat OST plauderte die promovierte Kunstwissenschaftlerin aus ihrem Schatz reichhaltiger Erfahrung mit dem Sammeln, Bewahren, Pflegen, Publizieren und Präsentieren ostdeutscher Plakatkunst nach 1945. 

Die Welt der Plakate ist nicht nur bunt, sondern auch sehr vielfältig. Sie reicht vom Werbeplakat über Plakate mit politischen Botschaften bis zum Theaterplakat. Für die meist bibliophil interessierten Gäste des Nachmittags waren natürlich Künstlerplakate von besonderem Interesse, was sich in dem Vortrag von Sylke Wunderlich niederschlug. Es tauchten dabei auch Künstler auf, die man eher nicht mit dem Plakat verbunden hätte, wie beispielseise Arno Mohr, der vor allem für seine Kaltnadelradierungen bekannt ist. Sylke Wunderlich hatte ein von ihm geschaffenes Plakat zum 1. Mai 1946 mitgebracht. Als Beispiele für Plakate im Kulturleben dieser Zeit lernten die Zuhörer eine Arbeit von Georg Baus kennen, mit dem 1947 das Museum für Bildende Künste auf eine Schau des grafischen Schaffens seit 1945 unter dem Titel „buch-schrift-werbekunst“ aufmerksam machte. Ein anderes Beispiel stammte von Wilhelm Deffke. Sylke Wunderlich zeigte sein Plakat für die „Große Kunstausstellung Sachsen-Anhalt“, die vom 9. Mai bis 4. Juli 1948 im Stadtmuseum Moritzburg stattfand. Kleiner Nebeneffekt: Damit war indirekt auch ein Bezug zu Magdeburg hergestellt, denn am 16. Oktober 1925 hatte Wilhelm Deffke die Direktion der Kunstgewerbe- und Handwerkerschule Magdeburg übernommen. In dieser Zeit war er auch für das künstlerische Erscheinungsbild der Deutschen Theaterausstellung 1927 im Magdeburger Rotehornpark verantwortlich, für die Karl Schulpig das Plakat entworfen hatte.

Neben den eher unerwarteten Plakatgestaltern begegneten den Gästen vielen bekannte Künstler. Stellvertretend seien hier genannt Manfred Bofinger, Helmut Brade, Feliks Büttner, Egbert Herfurth, Ronald Paris, Volker Pfüller, Horst Hussel, Rolf Felix Müller, Thomas Schleusing, Albrecht von Bodecker und natürlich Gert und Sonja Wunderlich. Übrigens: 2014 hatten die Magdeburger Pirckheimer eine Ausstellung mit Arbeiten von Gert Wunderlich unter dem Titel „ Typographie – ein Spiel?“ im Literaturhaus gezeigt, darunter auch Plakate. Daran konnten sich noch einige der Gäste gut erinnern, die damals bei der Vernissage dabei waren. Hatte Sylke Wunderlich ihren Vortrag mit dem Plakat von Arno Mohr aus dem Jahr 1946 begonnen, so schloss sie zum Ende ihrer Ausführungen den zeitlichen Bogen mit einer Arbeit von Matthias Gubig von 1989: „Wir sind das Volk“.

Einblicke in die eigene Plakatsammlung gewährte Wilfried Kiel nach dem Vortrag, was die Gäste und Sylke Wunderlich (l.) gerne annahmen.

Plakate aus der DDR

Öffentlicher Vortrag im Literaturhaus Magdeburg
Sonnabend, 8. Juli 2023, 14 Uhr

Gäste sind willkommen. Der Eintritt ist frei!

Mit der Treuhänderin der Stiftung Plakat Ost, Dr. Sylke Wunderlich, konnten die Magdeburger Pirckheimer eine ausgewiesene Kennerin der DDR-Plakatkunst als Referentin gewinnen. Sie wird ihren Vortrag mit Projektionen von Beispielen aus der Stiftungssammlung, die von allgemeinen politischen Bekundungen über Film- und Theaterankündigungen bis zu Produktwerbungen für Kosmetika, Bekleidungsartikeln und optische Geräte reichen, eingehen. Ein Schwerpunkt werden die Künstlerplakate sein, die einen wesentlichen und für Bibliophile besonders interessanten Teilbereich sind. Die in der DDR hochentwickelten graphischen Künste hatten hier ein Betätigungsfeld, auf dem ein breites Spektrum von Techniken und Stilen zur Anwendung gebracht werden konnte.

Zweck der Stiftung Plakat Ost ist unter anderem das Sammeln, Bewahren, Pflegen, Publizieren und Präsentieren ostdeutscher Plakatkunst nach 1945. Zum Sammlungsbestand  gehören beispielsweise das Plakat »Die Ferien des Monsieur HulotAlbrecht« (l.) von Albrecht von Bodecker (1978), Rolf Felix Müllers` Plakat zur Aufführung von Rolf Hochhuths „Stellvertreter“ 1966 in Gera oder das von Prof. Matthias Gubig 1989 gestaltete Plakat »Wir sind das Volk« (r.).

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